Es könne nicht sein, dass jede Idee mit Verweis auf Verschuldung ausgebremst und nicht mehr über Ideen gesprochen werde, meinte Laura Kapp von der Fraktion Die Andere dazu. Sie kritisierte außerdem die Rathauskooperation von SPD, Grünen und Sozial-Linken, die ihre Änderungsvorschläge “ständig ändern und zu spät vorlegen”. „Ruhen Sie sich nicht auf Ihrer Mehrheit aus. Auch wir wurden gewählt und werden unsere Stadt gestalten, so Laura Kapp.
Matthias Finken von der CDU beurteilte das Prozedere ähnlich und sah den Haushalt sogar als nicht ordnungsgemäß beraten und damit nicht entscheidungsreif. Dem Beschluss verweigern werde er sich dennoch nicht.
Daniel Keller, SPD, verteidigte den Haushaltsentwurf vor dem Hintergrund von Corona-Krise und Ukraine-Krieg. Er lobte die Arbeit der Verwaltung, insbesondere des Kämmerers Burkhard Exner. “Ich bin dankbar, dass kein Sparhaushalt vorgelegt wurde, sondern einer, der sich gegen die Krise richtet. Das ist der richtige Weg”, meinte er. Schließlich bedeuteten die Änderungsanträge vor allem eine Entlastung von Familien und Kindern.
“Gerade vor den aktuellen Herausforderungen ist eine solche sozialpolitische Prioritätensetzung ein Riesenerfolg”, stimmte auch Stefan Wollenberg, Sozial.DieLinke, ein und verwies etwa auf die Deckelung des Schul-Mittagessens oder das vergünstigte Schülerticket.
Hans-Jürgen Scharfenberg, Die Linke, stellte fest, dass seine Fraktion nicht unzufrieden mit dem Haushaltsentwurf sei, mutmaßte aber vor allem Folgendes: “Ich bin mir sicher, dass die Diskussion in die Geschichte eingehen, aber sich nicht wiederholen wird”.
Nun denn, nach einer Stunde der Redebeiträge und einer weiteren halben, in der es um die Abstimmung der Änderungsanträge ging, wurde der Haushalt 2023/2024 beschlossen.
- Etwa 310 Millionen Euro werden in den kommenden vier Jahren in die Bildungsinfrastruktur investiert. Wichtigste Vorhaben sind der Neubau eines Gymnasiums in der Pappelallee, die Sanierung und Erweiterung der Comenius-Schule sowie der Montessori-Schule und der Neubau beziehungsweise die Sanierung von Sporthallen.
- Zudem wird in Potsdam in den kommenden beiden Jahren der Preis für ein Schulessen auf höchstens 3,90 Euro (Elternanteil) begrenzt sowie ein verbilligtes Schülerticket für 15 Euro monatlich angeboten. Die Deckelung des Schulessens und das ermäßigte Schülerticket sind zunächst mit dem Ende des Brandenburg-Pakets 2024 verknüpft.
- Zu den wesentlichen Investitionen in den kommenden Jahren (2023 bis 2027) zählen im Bereich öffentlicher Nahverkehr der Ausbau der Tram in Richtung Krampnitz und der Bau einer Busspur in der Potsdamer Straße (7,4 Millionen Euro). Etwa 30 Millionen Euro stehen für den Ausbau der IT-Infrastruktur der Verwaltung und der Schulen zur Verfügung. Die Feuerwehr erhält 6,5 Millionen Euro für die technische und digitale Infrastruktur beziehungsweise Modernisierung und den Neubau von Feuerwachen.
- Für die Sanierung und den Neubau von Straßen, Brücken, Uferwegen, Grünflächen und Spielplätzen sind im Haushalt bis 2027 allein Auszahlungen in Höhe von knapp 60 Millionen Euro eingeplant, hierin enthalten zum Beispiel der Umbau des Leipziger Dreiecks (7,2 Millionen Euro) und Maßnahmen zur Barrierefreiheit (3,2 Millionen Euro).
- Auch im Bereich Kultur ist es gelungen, die bisherigen Ansätze zu erhalten, zudem stehen 16 Millionen Euro für Investitionen zur Verfügung. Schwerpunkte bilden die Sanierung des Nikolaisaals, die Sanierung und Erweiterung der Zweigbibliothek Am Stern, Sanierung des Nachbarschafts- und Begegnungszentrums Lottenhof, die Sanierung des Jagdschlosses Stern sowie die Sanierung des Bürgerhauses Schlaatz.
Auch diese Maßnahmen werden zum Teil mit dem KIS umgesetzt, dessen Wirtschaftsplan mit einem Gesamtvolumen von 398 Millionen Euro am Mittwochabend ebenfalls beschlossen worden ist.
Die Pro-Kopf-Verschuldung der Landeshauptstadt Potsdam inklusive dem Eigenbetrieb Kommunaler Immobilien Service wird aufgrund der Haushaltsdefizite in den kommenden Jahren von 1.370 Euro pro Person im Jahr 2022 auf 2.890 Euro im Jahr 2026 ansteigen. Ein Teil des Defizits in den kommenden Haushaltsjahren resultiert aus der unzureichenden Finanzierung des Bundes und des Landes für Aufgaben der Krankenhausfinanzierung und der Kostenübernahme bei der Unterbringung Geflüchteter.
„Diese mangelnden Beteiligungen von Bund und Land an hoheitlichen Aufgaben, die in den Kommunen umgesetzt werden, bringt aktuell alle Kommunen an die Grenzen der Leistungsfähigkeit“, sagt Mike Schubert. Darauf hat er als Oberbürgermeister gemeinsam mit Kämmerer Burkhard Exner mehrfach hingewiesen.